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AutorenbildUta Lewien-Schmidt

Wenn kleine alltägliche Begegnungen Spuren hinterlassen...

Aktualisiert: 25. Apr. 2023

Wenn der ganz normale Alltag als Impulsgeber wirkt.

Gerade in unserem Alltag passieren sie. Die kleinen flüchtigen Zusammentreffen von Menschen, die sich ungeplant, zufällig an einem Ort ereignen. Aber sie wirken wie ein Impuls und sind nicht so einfach abzuschütteln. Es arbeitet in uns drin. Man denkt einfach länger darüber nach. Weil wir uns in Situationen mit Menschen befinden und genau spüren, wie es ihnen geht.


Eine von diesen Begegnungen ereignete sich letzte Woche. Nach getätigtem Wocheneinkauf war ich dankbar, jetzt in mein Auto zu steigen und bald wieder zu Hause zu sein, als mich von der Seite eine gerufene Bitte erreichte. Die Situation erfasste sich gleich. Eine Frau, wahrscheinlich in meinem Alter, bat um Unterstützung. Sie hielt ein Stück Papier - eine Paketbenachrichtigungskarte - in die Höhe und stand vor einer dieser Paketboxen. Die Stimme klang verzweifelt und doch empathisch, das ich sofort die Gefühlslage wahrgenommen habe. Die angewandte Technik - im Prinzip ja fortschrittlich erfunden - stand zwischen Mensch und Maschine, trennte eine Paketsendung von einer rechtmäßigen Empfängerin.


Die kleine Situationsbeschreibung: Ich versprach mein Möglichstes zu tun - ich hatte schon einmal die Herausforderung vor Wochen bestanden - und bekam die Karte überreicht. Der Scanner funktionierte natürlich nicht, die Sicht auf dem Display ließ ebenfalls zu wünschen übrig. Und eine eindeutige Menüführung, mit der auch ein Laie an das Ziel kommt, sieht anders aus. Der erste Gedanke, der sich in mir breit machte, war ein Bild über meine und die digitale Zukunft von "älteren" Bewohnern unserer Stadt. Tagtäglich stehen wir vor neuen Herausforderungen, die nicht in unserer Entscheidung liegen. Der Paketbote entscheidet, wo er das Paket hinterlegt. Ungefragt. Und das mögen wir überhaupt nicht. Das erinnert mich immer an einen pädagogischen Ratgeber "Kinder lernen aus Folgen". Und ich finde, ich sollte selbst entscheiden dürfen. Mit meinen logischen Anwendungserfahrungen versuchte ich nun mit der Maschine auf Augenhöhe in Kontakt zu kommen. Wo ein Scanner nicht geht, da hilft meistens die manuelle Eingabe...eine vielstellige Codenummer galt es in den Automaten zu füttern, was meine Kommunikationspartnerin veranlasste, mir ihre Lesebrille anzubieten. Aufmerksam und mitgedacht. Eine kleine Bestätigung dafür, dass wir beide sofort wussten, in welche Generation wir gehören. Es folgten noch einige Daten und meine Erläuterung, dass man nun mit dem Finger auf dem Display eine Unterschrift hinterlegen müsse, so gut es eben ginge. Und dann kam der große Moment. Ein kleiner "Klack" bestätigte die Öffung eines Faches, was den Inhalte endlich freigab. Ehrlich, ich war erleichtert, dass wir es geschafft haben.


Die Freude war groß. Und dann kam der kleine Moment. Frau sprang vom Fach weg, riss beide Arme auf und kam auf mich zu. Umarmte mich überglücklich - zugegeben ich war total "geflasht"- und sagte immer wieder "Danke, danke, danke...!" Und da war es wieder. Dieses Gefühl, dass etwas für andere zu tun, Wissen zu teilen und zu unterstützen, richtig glücklich machen kann. Denn da auf dem Parkplatz, da standen zwei glückliche Menschen. Und ich sagte genau das, was ich ich gerade dachte. "Danke für Ihren Mut, um Hilfe zu fragen. Das gibt mir und anderen Menschen ebenfalls Mut, sich neuen Dingen zu stellen und nicht aufzugeben. Und...danke, dass Sie mich gefragt haben, denn dadurch haben Sie auch mir einen "guten" Tag geschenkt!" Wir verabschiedeten uns mit einem herzlichen Winken. Zufrieden und glücklich.


Dankbarkeit gibt dem Leben Leichtigkeit und Humor, Gelassenheit und innere Freiheit Anselm Grün

Diese Begegnung hat mich berührt. Sie ließ mich nicht los. Denn da waren so viele Gedanken, die hinterher kamen. Und die waren nicht immer geprägt von Gelassenheit - dafür aber von der inneren Freiheit, aktiv zu werden. Für Menschen, die mutig sind nach Unterstützung zu fragen und mit Menschen, die sich immer wieder finden, anderen zu helfen. Über unser zukünftiges Leben in einer Welt, die sich immer schneller verändert und komplexer wird. Das sind die Themen, die uns alle miteinander verbinden. Und es bleiben Fragen offen, mit denen wir uns im Zusammenleben beschäftigen müssen. Wir werden angehalten zum lebenslangen Lernen. Aber warum werden Services von Organisationen und Unternehmen immer noch so schlecht informell vorbereitet und dann in den Alltag gegeben? Wie sollen wir den Überblick auf dem Smartphone erhalten, wenn wir bald keine Überweisungen mehr in unserer Bankfiliale tätigen können? Wie verbinden sich datensensible Apps miteinander, wenn Menschen mit unfertiger Software beglückt werden? Und wie kommt man aus einer Warteschleife wieder raus, wenn sich niemand wirklich die Zeit nimmt, sich persönlich einem Problem anzunehmen sondern man mit einem Textautomaten kämpft? Und das hat nicht immer etwas mit dem Alter zu tun. Sondern mit der freien Wahl der Art und Weise zu handeln. Denn das tausendste Update am Laptop, eine neues Design einer Menueleiste nervt und kostet Zeit. Die Hände in den Schoß legen dürfen wir nicht. Wir bedienen Systeme...nicht umgekehrt.


Aber wir stehen auch selbst in der Verantwortung, Ansprechpartner zu suchen, um unsere Welt mehr barrierefrei zu gestalten.

Und da sitzen wir mit unseren Fragen und Engagement mit im Boot. Menschen sind vielfältig und in ihren Wahrnehmungen unterschiedlich. Das ist keine Neuigkeit. Aber eine barrierefreie Kommunikation muss möglich sein. Und wenn von Nöten, dann mit einem Übersetzer. Vielleicht sollten wir nicht nur eine Frauenbeauftragte für Unternehmen und Organisationen, sondern auch einen Seniorenbeauftragten etablieren? Gute Idee, oder? Ich finde, dass sollte auch ein Anspruch sein, den wir haben dürfen.


Ich habe meine To-Do-Liste für die Fragen und Ansprechpartner geschrieben. Ich verspreche, dass wird mich noch beschäftigen. Vielleicht beteiligt Ihr Euch an der Diskussion, welche Erfahrungen Ihr mit Hindernissen im Dialog zwischen Mensch und Maschine gemacht habt.


Und dann bin ich ganz gelassen und dankbar eine Runde durch den Stadtpark gegangen. Habe meine symbolträchtige ältere Einwohnerin besucht...die Frau im Stadtpark...mich zu ihr gesetzt. Und manchmal glaube ich, sie versteht genau, was mich bewegt und worum es uns geht.

Skulptur, Stadtpark Baunatal, Mic Leder, Krefeld



Bildquelle: Adobe Stock #35179795

Foto Privat c/o Uta Lewien-Schmidt









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